Mein genereller Tipp:
Bereits beim Ausfüllen des Anhörungsbogens werden die größten Fehler gemacht. Beim Bestehen einer Rechtsschutzversicherung sollte man sich professionell beraten lassen. Auch wenn Sie meinen, dass die Bußgeldsache aussichtslos ist, kann ein erfahrener Verkehrsanwalt oft noch weiterhelfen.
Verkehrsanwälte stellen immer wieder fest, dass polizeiliche Geschwindigkeitsmessungen entweder durch unsachgemäße Bedienung oder infolge technischer Fehler unrichtig sind. Eine Untersuchung der Genauigkeit des verbreiteten Geräts »Trafipax« zeigte zum Beispiel, dass die Geräte durch Reflexionen falsche Messwerte angaben. Auch die Überwachungsanlagen für Rotlichtverstöße bieten Angriffspunkte für Verkehrsanwälte. Stellt sich jedoch heraus, dass die Messung korrekt ist, und droht ein Fahrverbot, bestehen relativ gute Chancen, dass vom Fahrverbot abgesehen wird.
Wann hat man eine Chance?
Grundsätzlich gibt es zwei Argumentationsschienen: Einmal, der Verstoß stellt keine grobe Pflichtverletzung dar. Hier ist das Zauberwort „Augenblicksversagen”. Ein derartiges Augenblickversagen wird von der Rechtssprechung angenommen, wenn zum Beispiel der Kraftfahrzeugführer ein Ortseingangsschild übersieht und die geschlossene Ortschaft als solche nicht zu erkennen war. Bei Rotlichtverstößen kann ein Augenblickversagen gegeben sein, wenn die Ampel unübersichtlich angebracht ist und der Rotlichtverstoß daher auf einen Wahrnehmungsfehler beruht. Abgelehnt wurde das Augenblickversagen von der Rechtsprechung bei Geschwindigkeitsüberschreitungen innerorts, wenn der Fahrer in Tatortnähe wohnt oder die Strecke regelmäßig fährt. Die zweite Argumentationsschiene ist, dass das Fahrverbot eine besondere Härte darstellt. Vom Fahrverbot ist nämlich ausnahmsweise abzusehen, wenn es zur Einwirkung auf den Betroffenen nicht erforderlich oder für den Betroffenen wegen der mit dem Fahrverbot verbundenen Folgen als besondere Härte unzumutbar ist. In diesem Fall wird die Regelbuße angemessen erhöht. Hierüber entscheidet in erster Linie der Amtsrichter. Diesem ist ein gewisses Ermessen eingeräumt. Wichtig für die erfolgreiche Verteidigung ist, dass dem Richter die Entscheidungsgrundlagen möglichst „mundgerecht” vorgetragen werden, und das spätestens im Gerichtstermin. Nach meiner Erfahrung sind Richter immer dann großzügig, wenn der Verkehrsanwalt die Standard-formulierungen gleich parat hat, denn der Richter muss ja sein Urteil auch überzeugend begründen. Die Amtsgerichte sind häufig großzügiger als die Obergerichte und lassen das Zusammentreffen mehrerer sog. Härtegründe für ein Absehen vom Fahrverbot ausreichen.
Fahrverbot und Beruf:
Berufliche nachteilige Folgen, die durch ein Fahrverbot entstehen, sind im Rahmen der Angemessenheit von Belang. Sie bleiben zwar grundsätzlich außer Betracht, denn sie sind für alle Kraftfahrzeugführer in gleicher Weise vorhersehbar. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn das Fahrverbot zu einer Existenzgefährdung führen würde. Dann wird von der Rechtsprechung eine unzumutbare Härte angenommen. Dies ist der Fall, wenn wegen des Fahrverbotes der Verlust des Arbeitsplatzes droht. Das gilt aber nur, wenn die konkrete Gefahr der Kündigung gegeben ist. Die bloße Vermutung reicht nicht aus. Es empfiehlt sich, eine Bescheinigung des Arbeitgebers über die bei Verhängung eines Fahrverbotes drohende Kündigung vorzulegen oder den Zeugenbeweis anzubieten. Aus der Bescheinigung bzw. der Zeugenaussagen muss sich ergeben, dass die Kündigung konkret droht. Vorgetragen werden muss auch, warum der Betroffene den Arbeitsplatzverlust nicht dadurch abwenden kann, dass er während der Vollstreckung des Fahrverbotes Urlaub nimmt. Die Amtsgerichte verweisen den Betroffenen häufig auch darauf, dass während der Dauer des Fahrverbotes ein Fahrer eingestellt werden könne. Das wird aber nur bei einem sehr hohen Einkommen des Betroffenen als wirtschaftlich sinnvoll anzusehen sein. Anderenfalls handelt es sich um eine wirtschaftlich sinnlose Maßnahme, die für den Betroffenen nicht zumutbar ist. Der Betroffene kann z. B. auch nicht darauf verwiesen werden, er hätte das Fahrverbot während der Zeit der Arbeitslosigkeit vollstrecken lassen können. Es kann ihm nicht angelastet werden, dass er gegen eine ihn belastende Entscheidung Rechtsmittel eingelegt hat.
Taxifahrer:
Allein die Eigenschaft als Taxifahrer genügt nicht, um bei einem drohenden Fahrverbot aus beruflichen Gründen eine unzumutbare Härte anzunehmen. Das gilt besonders, wenn bereits Vorbelastungen vorliegen. Bei einem unbelasteten Taxifahrer kann aber bei drohender Existenzvernichtung das Absehen vom Fahrverbot in Betracht kommen. Dies ist insbesondere bei Kleinbetrieben der Fall, wenn der Betriebsinhaber dort selbst tätig und z.B. selbst als Fahrer auf die Fahrzeugbenutzung angewiesen ist und er keinen Angestellten hat, der den Fahrdienst übernehmen könnte. Bei Selbstständigen muss der Verkehrsanwalt konkret vortragen, warum die Gefahr für den Betrieb nicht mit zumutbaren anderen Maßnahmen abgewendet werden kann, also, dass der Betrieb sich die Einstellung eines Fahrers für die Dauer der Vollstreckung des Fahrverbotes nicht leisten kann.